Die Mainzer Zeit
 
 
Der gesamte Besitz der Deutschordenskommende Prozelten-Neubrunn kam 1484 durch Tausch an das Erzstift und Kurfürstentum Mainz. Damit erhielt Breitenbrunn einen neuen Landsherrn, der es bis zur Säkularisation 1803 blieb, den Kurfürsten von Mainz. In einer Güterbeschreibung des 16.Jahrhunderts (Staatsarchiv Wü.Mainzer Güter 96/70) erfährt man, daß Kurmainz im Ort "alle hohe Obrigkeit mit Gebot und Verbot" besaß. Der Amtskeller, der in Stadtprozelten seinen Sitz hatte, erhob Zins und Gült, dazu 22 Fastnachtshühner (=Abgabe die im Frühjahr zu leisten war), 37 Sommerhühner und 1 Gans. Dazu kam noch der Fruchtzehnt und der Frondienst, der von den Gemeindebewohnern geleistet werden mußte.
Geringe Abgaben in Breitenbrunn mußten an das Spital in Stadtprozelten gegeben werden. Zu erwähnen ist, daß 1546/1553 "der Gushof (Koß Hof), der zur Erbpacht verliehen ist, ... jährlich den dritten Teil seiner Winter- und Sommerfrucht, d.h. seines Getreides" an Abgabe zu leisten hat. (Störmer, 1983, S.44)
Anscheinend hatten die Unruhen der Zeit um 1500, die zur Reformation 1517 und zum Bauernkrieg 1525 führten, in Breitenbrunn keine wesentlichen spuren hinterlassen. Die nur 4 km entfernt gelegene Kartause Grünau war geplündert worden und verzeichnete auch große Gebäudeschäden.
 
Die Jahre 1613 und 1614 waren für Breitenbrunn besonders schwer. "Anno 1613 starben an der damalig regierenden Pest von Michaliy (=29.9.) bis Pfingsten zu Breitenbrunn 40 Personen", erfährt man aus alten Aufzeichnungen im Archiv der Kuratie (vergl.Abschnitt 5 dieser Schrift).
Noch ahnte niemand, daß nur wenige Jahre später der Dreißigjährige Krieg mit seinen Schrecken über unser Land kommen würde. Es waren nicht nur die schwedischen Soldaten, die in den Jahren 1631 bis 1632 das Maintal in Richtung Aschaffenburg plündernd und brandschatzend durchzogen. Sie brachten Seuchen und Hungersnot mit. In den Archiven vieler Maintalgemeinden waren die Gemeindebücher verbrannt worden. Trotzdem finden sich noch Belege über Abgaben und "Schatzungen", die an die Kellerei in Prozelten zu leisten waren. Zu solchen Abgaben gehörten auch "Haber, Heuert und bürden Stroh", die sowohl für die schwedischen, als auch für die kaiserlichen Truppen zu leisten waren.
 
In Breitenbrunn finden sich keine Unterlagen aus diesen Jahren. Dennoch darf man annehmen, daß seine Bewohner Ähnliches erleiden mußten. Einige Hinweise unterstreichen diese Annahme. In einer Erhebung von 1669 sind für Breitenbrunn 22 Mannschaften (=Wohneinheiten) verzeichnet. In der Güterbeschreibung von 1678 werden "26 Unterthan und 2 Wittiben" gemeldet. da ist aber auch die Bemerkung zu lesen: "Herdsätt seindt vorm Schwedisch Krieg gewesen 36, anietzo 28" (Staatsarchiv Wü., Mainzer Güterbeschreibung 11.10.1678). Das war ein Verlust von 14 Wohneinheiten. Von 1669 bis 1678 konnten 6 Hofstätten wieder errichtet bzw. neu bezogen werden.
 
Diese Erhebung ist auch für die Nachbargemeinden erhalten:
 
Stadtprozelten


Dorfprozelten


Faulbach
"Herdstätten so bewohnt seindt 55, Herdstätten die noch in Odnung aber aus Mangel an Leuth nit bewohnt seindt 9, Herdstätt vor dem Schwedenkrieg 80."

"Nachbarschafft 50 Mann, Herdstätt seindt vorm Schwedischen Krieg ungefähr 70 gewesen, anietzo 60, (davon) Wittiben (=Witwen) 10."

"Nachbarschafft 60 Mann, Herdstätt seindt vor der Schwedischen Unruhe uff die 80 gewesen, anietzo 60, (davon) Wittiben 7."
 
Es fällt auf, daß es sehr viele Witwen gab.
Aus den Jahren 1602 und 1648 sind Auflistungen der Gefälle und Einkommen der "Kellerey Protselten" erhalten geblieben (Staatsarchiv Wü., gefälle und Einkommen der Kellerey Protselten., 1602 und 1648). Auf diesen Listen ist auch der Gußhof beschrieben.
 
Beschreibung von 1602: "Erstlich gehören zur Kellerey 3 Hoff mit nehmen (=Namen) Kußhoff, Thiergarten und Heuser Hoff. Der Kußhoff ohngefehr bei Prodselten gelegen ist der beider darauf wohnenden Hoffleuth zu erblich, mit nahmen Conradt Broßer und Gauß Wilhelm, haben es dieselbige von ihren voreltern ererbet, und rühret dieselbige Erb Leihe von dem Teusch Orden hero ..." (Die weiter Beschreibung ist der von 1648 sehr ähnlich.)
 
Beschreibung von 1648, erstellt für Kurfürst Joh.Philipp von Schönborn (1647-1673)
Es werden 4 Höfe genannt: "Guoßhoef, Thiergarten, Heußerhoof und der Hoff under Wildenseh.
Gußhoef. Der erste liegt Unfern von Protselden, ist vor undencklicehn Jahren, vermuthlich deß Teuschordens Zeiten, denen daruf wohnenden Hofleuthen Erblich verliehen worden, die Hoffstatt würdt Jetziger Zeit gebawet undt bewohnt von Hanß Schlegeln, die andere Hoffstatt liegt wüst. Dieser Hoef hat viel Feldung, ist aber gar bös, also Wenn man keine Schäferey hat, oder sonsten felder nicht mit Dung überführen kann, ist eß gar nicht außträglich, Liegen an underschiedtlich orthen umb den Hoef, undt beyem Fleckhen Braitenbrunn, undt seindt ungemeßen. Gemelter Hoef hat wiesen, erstlich den Altenbucher Grundt hinauß von sauerem futter, ungefehr 5 Morgen, undt ertragen ein Jar ins ander 6 wagen Hew undt ohmat. Gleichfalß nächst am Hoef liegt einStückh wasen, uff 4 Morgen geachtet, ist ein sehr dürrer Boden, undt trägt bißweilen ein Jar ins ander 1 Wagen fütterung. Dieser Hoff gibt von allen früchten, daß dritte Theil zur Kellerey, würdt uffem Feldt getheilt, Jedoch müßens die Hoffleuth in Ihrer Churfl.gl.scheuren führen, alda es dann mit Kundtschafft ausgetroschen undt verrechnent würdt, hat hierbevon zue gemeinden Jahren 22 mtr.(=Malter) Korn undt 9 mtr. Habern getragen, waß aber Jeziger Zeit gefält, geben die Kellereyrechnungen von Jahren zue Jahren.
Er hat auch Hiebevon ein Schaferey von ungefehr drey hundert stückhen gehabt, welche den Hofleuthen auch Erblich verliehen, undt von ihnen selbst beschlagen worden, haben wegen deß Waidtgangs im Speßart, Ihrer Churfl.gl. alle drey Jar die Wildhämmel nacher Aschaffenburg folgen laßen; Jeziger Zeit aber sein keine vorhanden, aber es stehet Ihrer Churfl.hl. gnädigsten belieben allzeit Ihrer gebühr an den Schazungsanlagen zuegeben schuldig."
 
Beschreibung von 1678, erstellt für Kurfürst Damain Hartard (1675-16789:
"Viehzucht ist Ochsen 8 Stückh
Kühe 4 Stückh
Kälber 12 Stückh
Schaff 7 Stückh
Schwein 6 Stückh
 
Hat keine Wingardten, 2 Mann: Vältin Schlegel und Hanß Schnelbach, 2 Weiber, 2 Herdstätt.2
Im folgenden 18. Jahrhundert konnte sich Breitenbrunn gut weiterentwickeln. 1802 wohnten hier 41 Familien und 5 Witwen.


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